Im Jahr 2004 wurden die deutschen Meeresschutzgebiete in der Nord- und Ostsee ausgewiesen. Doch anders als der Name vermuten lässt, gibt es bisher keinerlei Regeln oder Einschränkungen für wirtschaftliche Aktivitäten wie dem Kiesabbau oder der Fischerei.
Im vergangenen Jahr wurden dann endlich – nach 13 langen Jahren des Wartens – die sogenannten Schutzgebietsverordnungen für die Schutzgebiete in der Nordsee von der Bundesregierung beschlossen. Das bedeutet erstmals: existierende Regeln für Schutzgebiete in der Nordsee. Die dort vorgeschlagenen Schutzmaßnahmen hätten eine konkrete Verbesserung der Lebenssituation für viele Schutzgüter wie zum Beispiel den Schweinswalen ermöglicht. Auch die Fischerei in Naturschutzgebieten (!) sollte endlich weiträumig eingeschränkt werden.
Aufgrund der gemeinsamen Fischereipolitik der Europäischen Union müssen die Maßnahmen zur Einschränkung der Fischerei allerdings mit den EU-Nachbarstaaten abgestimmt werden. Der dänische Staat und die dänische Fischereipolitik blockieren seitdem die Vorschläge der Bundesregierung. Doch anstelle von intensivierten Verhandlungen auf Ministerebene, knicken die Ministerinnen Julia Klöckner und Svenja Schulze vor der dänischen Fischereilobby ein und gehen auf alle Forderungen der Dänen ein.
Demnach sollen in den Naturschutzgebieten der Nordsee weiterhin naturzerstörerische Fangtechniken wie Schleppnetz- und Stellnetzfischerei zum Einsatz kommen. Schleppnetze pflügen aktuell jedes Jahr mehrfach sensible und schützenswerte Bodenstrukturen um. Riesige Stellnetze sind für den massiven Rückgang der Schweinswalpopulationen in den deutschen Meeresgebieten verantwortlich. In den letzten 10 Jahren wurden knapp 3400 Schweinswale an deutschen Küsten tot aufgefunden. Das ist die Konsequenz von 14 Jahren nicht existierender Meeresschutzpolitik. Die jetzige Einigung mit Dänemark setzt auf ein fatales weiter so.
In einem Brief an die Ministerinnen Klöckner und Schulze fordert Steffi Lemke endlich ein Umdenken in der deutschen Meeresschutzpolitik ein. Deutschland hat sich international und national zahlreichen Zielen verpflichtet, diese Verpflichtungen können nur erreicht werden, wenn endlich die Schutzgebiete gestärkt werden und nicht zum Etikettenschwindel verkommen.
Dies gilt im Übrigen auch für die Ostsee und seine Meeresschutzgebiete. Hier wurden bislang noch nicht einmal die Schutzgebietsverordnungen erlassen. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Bundesregierung aus den bisherigen Fehlern lernt und hohe Schutzstandards durchsetzt.
Brief an die Ministerinnen Klöckner und Schulze
Bericht der ARD tagesschau
Text: David Hoffmann
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