Zum Kabinettsbeschluss vom 10. Februar 2021 zum vermeintlichen Insektenschutz erklären Steffi Lemke, Sprecherin für Naturschutzpolitik, und Harald Ebner, Grüner Obmann im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft:
„Die Ministerinnen Klöckner und Schulze loben ihre Initiativen zum Insektenschutz in hohen Tönen. Die jahrelange Blockade durch Julia Klöckner und der endlose Streit mit Svenja Schulze lassen vom angekündigten Insektenschutz jedoch kläglich wenig übrig. Die Dramatik des Insektensterbens blendet diese Bundesregierung nach wie vor schlichtweg aus.
Von der oft beschworenen Systemrelevanz der Bienen ist in diesem Gesetzentwurf nichts zu spüren. Es ist nicht mehr als ein Sammelsurium aus kleinteiligen und wenig wirksamen Einzelmaßnahmen. Weniger Pestizide auf dem Acker sind durch zahlreiche und schwammig formulierte Ausnahmen und Schlupflöcher insbesondere bei Glyphosat und durch das Fehlen einer systematischen Pestizidreduktionsstrategie nicht zu erwarten. Von einem aktiven Glyphosatausstieg kann hier keine Rede sein. Auch in Schutzgebieten geht der Einsatz von Pestiziden fast unvermindert weiter – im vorherigen Beschluss des Aktionsprogramms Insektenschutz hatte die Bundesregierung noch klare Beschränkungen in FFH-Gebieten vorgesehen. Unklar ist, ob der vorgesehene Vorrang freiwilliger Maßnahmen zur Pestizidreduktion in Schutzgebieten auch ausreichend finanziert ist und damit Wirkung zeigen kann. Die Bundesregierung bricht ihr Wort bei der nun fehlenden Vorgabe von pestizidfreien Rückzugsräume und der Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes – beides war Teil des Aktionsprogramms Insektenschutz von 2019. Weiterhin werden zu hohe Nährstoffeinträge nicht adressiert, die zur Artenverarmung etwa auf Wiesen beitragen.
Die wichtigste Stellschraube – die gezielte Umschichtung der Agrarförderung zugunsten Agrarumweltmaßnahmen und Ökolandbau – hat die Bundesregierung auf EU-Ebene nicht angepackt. Eine attraktivere Honorierung von Umweltleistungen auf mehr Flächen ist damit nur schwer möglich. Doch wenn sich Naturschutz für Landwirt*innen nicht rechnet, geht die Intensivierung auf Kosten der Biodiversität immer weiter. So stoppt die Bundesregierung das Artensterben nicht.“
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